Haltbare Leitungen für Energieketten
Warum stellt ein Kunststoffunternehmen Leitungen her?

Sascha Mais | 23. November 2021

Wie ein Kunststoffunternehmen wie igus dazu kam, haltbare Leitungen für Energieketten zu entwickeln ist eigentlich ganz einfach. Als igus im Jahre 1971 die erste Energiekette aus Kunststoff auf den Markt brachte, waren viele Kunden begeistert von dieser neuen Idee der Energiezuführung und wollten Ihre Anlagen umrüsten.

Zu diesem Zeitpunkt gab es zwar bereits Systeme, die zur Energieführung eingesetzt wurden, jedoch hatte jedes System einige Nachteile, mit denen die Kunden bis dato leben mussten.

Vorteile von Kunststoffketten?

Die Vorteile von Kunststoffketten lassen sich vermutlich am besten an den Nachteilen der anderen Systeme erklären:

Energieketten aus Stahl

Eine Stahlkette ist im Vergleich zu einer bauraummäßig vergleichbaren Kunststoff E-Kette meist viel schwerer. Das hat eine höhere Verfahrenergie und entsprechend höheren Energieaufwand zur Folge. Zudem ist der Montageaufwand von Stahlketten, durch den meist verschraubten Aufbau gegenüber steckbaren Kunststoff E-Ketten, um ein Vielfaches höher. Stahlketten sind zudem um ein Vielfaches teurer als mechanisch vergleichbare Kunststoffketten.

Kabeltrommeln

Kabeltrommeln haben den Nachteil, dass immer nur eine Leitung geführt werden kann.
Zudem sind die Längen und Wickelgeschwindigkeiten stark limitiert. Manche Leitungstypen erfordern hier Sonderkonstruktionen. Zum Beispiel, wenn man Bus, Motor und oder Medien wie Luft verfahren will. Das bedeutet zum einen sehr hohe Herstellungskosten und zum anderen geringe Flexibilität durch fehlende Auswahl an ab Lager lieferbaren Leitungen. Der größte Nachteil ist die Übertragung der Signale von der rotierenden auf die Linearbewegung über einen Schleifring, der eine hohe Wartung erfordert.

Festooning

Bei Festooning Systemen hängen die Leitungen, je nach Verfahrweg, bis zu 2m in einem Bogen nach unten. Dies führt nicht nur zu einem Verlust an frei verfügbarer Höhe z.B. in einer Halle sondern zeigt auch eine hohe Windanfälligkeit im Außenbereich wie zum Beispiel auf einem Kran im Hafen.
Besonders auffällig sind die benötigten Leitungslängen im Vergleich zur E-Kette. Während die Leitungslänge von E-Kettenleitungen bei einem Verfahrweg von z.B. 100m in einer E-Kette nur ca. 55-60m lang sind, ist die Leitungslänge in einem Festooning zwischen 130-150m lang. Der Leitungs- und Kupferkostenanteil gegenüber der E-Kettenlösung ist damit um ein Vielfaches höher.

Stromschienen

Die Stromschiene kann nicht mehrere Medien übertragen wie z.B. Pneumatik oder Flüssigkeiten. Auch die Übertragung von Daten/Bussignalen erfordert einen höheren Aufwand gegenüber eine E-Kette. Zudem sind Stromschienen wartungsintensiv, denn die Kohlen der Stromabnehmer müssen regelmäßig getauscht werden.

E-Ketten-System

Die Vorteile, die dieses neue System der Kunststoffketten mit sich brachte, lagen also klar auf der Hand:

  • Leicht zu reinigen, kaum Abrieb
  • Leise, wartungsfrei und leicht zu montieren
  • Lange Verfahrwege
  • Energie, Daten, LWL, Öl und Luft in einem System führen
  • Kabelfreundlich durch glatte Konturen
  • Geringes Gewicht, modular, stabil, leise, leicht zu öffnen

Die Kunststoffkette als Alleskönner?

Damit waren alle bisher auftretenden Probleme gelöst und die Kunden konnten Ihre Anwendungen ohne weitere Probleme betreiben! Das klingt ein wenig wie „und sie lebten glücklich und zufrieden bis ans Ende aller Tage…“

Aber ganz so einfach war es natürlich nicht. Denn nach einiger Zeit im Betrieb kam es zu einem weiteren Problem. Zwar hielten die Energieketten, – und dieses Versprechen gab igus schon damals -aber die damals am Markt erhältlichen flexiblen Leitungen nicht. Die Leitungen, die es damals auf dem Markt gab, führten zu Schäden wie Korkenzieher oder Mantel- und Aderbrüchen und hielten diesen Bewegungen einfach nicht lange genug stand. Es kam durch diese Leitungsausfälle oft zum Stillstand von Maschinen und Anlagen. Kunden wollten teilweise aus diesem Grund wieder weg von der damals noch völlig neuen E-Kette. Also standen die Entwickler von igus vor einer neuen Herausforderung: Es mussten haltbare Leitungen für Energieketten her!

Die Geburtsstunde der chainflex Leitung

Um diese Idee zu verwirklichen, wurde viel entwickelt, versucht und getestet. Es wurde ganz genau geprüft, worauf es bei den Leitungen für Energieketten ankommt und welche Eigenschaften sie besitzen müssen, um eine hohe Lebensdauer sicherzustellen. Nach Vorstellung der ersten bündelverseilten chainflex Leitung auf dem Markt mit der Bezeichnung „CF1“ bei igus im Jahre 1988, wächst das Produktportfolio der Leitungen Jahr für Jahr. Durch intensives Testen und enge Zusammenarbeit mit unseren Kunden werden die verschiedenen Leitungsserien immer weiter ausgebaut. Heute bietet igus mit über 1354 Leitungstypen das größte Portfolio an Leitungen speziell für die E-Ketten Anwendung an.
Heute sind wir in der Lage, bis zu 7 verschiedene, mechanische Konstruktionen von einer Steuerleitung ab Lager anzubieten, um fast jede bewegte Anwendung in einer e-Kette mit der optimalen Leitung zu lösen.

Die erste chainflex Leitung CF1

Und sind damit nun alle Probleme gelöst? Damals ja, aber Kette & Kundenwünsche entwickelten sich weiter. Und so entwickeln auch wir uns weiter und stellen uns auf immer neue und anspruchsvolle Anforderungen (wie zum Beispiel kleinste Biegeradien oder Reinraum) ein.

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