E4.350 – Weltweit größte Polymer-Energiekette auf 140m seit über 10 Jahren im Einsatz
Daniel Klein | 2. Juni 2021
Unsere Energiekette E4.350 aus der Serie der E4.1 ist die weltweit größte Polymer-Energiekette und wird seit über 10 Jahren in Antwerpen auf einem Verfahrweg von 140m und einer Zusatzlast mit mehr als 100 kg ohne Ausfälle betrieben. Wir erklären Ihnen in unserem heutigen Blogbeitrag, wie dieses Projekt realisiert wurde.
Wer mit dem Auto nach Antwerpen fährt, sieht sie auf der Autobahn schon von Weitem: Die größte Polymer-Energiekette der Welt, die E4.350 von igus. In einer Schlickaufbereitungsanlage in der Nähe des Hafens läuft die e-kette auf einer riesigen bogenförmigen Brücke seit Ende 2010. Zum sicheren Führen der schweren beweglichen Schläuche auf der Brücke wird die bis jetzt weltweit größte Kunststoffenergiekette eingesetzt. Sie garantiert trotz der enormen Befüllungsgewichte die geforderte hohe Standzeit der Gesamtanlage. Bei der Auslegung dieses Großprojektes haben Anlagenbauer und Komponentenlieferant vom ersten Tag an erfolgreich zusammengearbeitet.
Das Problem
Der Hafen in Antwerpen ist der Größte seiner Art in Belgien. Allein im Jahr 2020 sind mehr als 231 Mio. t Fracht umgeschlagen worden. Damit im Sinne eines reibungslosen Umschlages unter anderem die riesigen Containerschiffe problemlos ihre Ladung löschen können, müssen die Schifffahrtswege immer frei sein. Hierzu werden die Fahrrinnen mit Spezialfahrzeugen ausgebaggert und ausgebaut. Da die zur Verfügung stehenden Flächen für die Lagerung der ausgebaggerten Sedimente im Laufe der Zeit immer weiter schrumpften, entschieden sich Hafenbehörde und flämische Regierung, im Rahmen des ehrgeizigen Projekts „AMORAS“ (Antwerpse Mechanische Ontwatering, Recyclage en applicatie van slib), eine moderne Schlickentwässerungsanlage zu investieren.
Die grob sortierten Sedimente – rund 500.000 t pro Jahr – werden daher heute durch eine Druckrohrleitung zur Anlage in 4 km Entfernung gepumpt und dort mechanisch entwässert, umweltgerecht aufbereitet und anschließend gelagert. Zentraler Bestandteil der Schlickaufbereitungsanlage ist im Außenbereich eine imposante bogenförmige Brücke mit einer Spannweite von rund 180 m. An der um 360° drehbaren Brücke sind zwei bewegliche, selbstständig arbeitende Hochleistungspumpen befestigt. Die Baggerpumpen saugen jeweils pro Stunde rund 600 m3 Sedimente bzw. Schlick aus dem darunter liegenden Absetzbecken und befördern ihn über enorme Schläuche mit einem Durchmesser von 300 mm zur weiteren Aufbereitung. Für die Energiezuführung der Pumpen musste eine robuste Lösung gefunden werden, die den Dimensionen des Projekts gewachsen war. So galt es alle zentralen Komponenten der riesigen Anlage auf eine Mindestlaufzeit von 15 Jahren auszulegen. Aber das Anforderungsprofil geht noch weiter. Die Entwässerungsanlage ist rund 365 Tage im Jahr nahezu ununterbrochen im Einsatz. Die Betriebssicherheit geht vor. Es dürfen keine unnötigen Wartungs- und Stillstandszeiten anfallen.
Die Lösung
Zum sicheren Führen der Schläuche der Anlage über den gesamten Verfahrweg kommt heute eine extrem robuste Polymerkette der igus GmbH zum Einsatz. Es handelt sich um das beidseitig zu öffnende wartungsfreie Modell E4.350 aus der besonders robusten und in unzähligen Anwendungen bewährten Serie E4.1. Sie zeigt u. a. in Kompostier- und Kläranlagen, Werkzeug- und Baumaschinen, Krantechnik sowie in der Holzverarbeitung ihre Vielseitigkeit.
Die E4.350 mit einer Innenhöhe von 350 mm und Innenbreiten von bis zu 800 mm ist damit die bisher größte Kunststoffenergiekette der Welt. Für ihren Einsatz in anspruchsvollsten „Heavy Duty“-Anwendungen kann sie schwere und bei Bedarf auch steife Lasten problemlos führen und ist mitunter hochverschleißfest, korrosionsbeständig sowie öl- und seewasserbeständig. Um den Rollwiderstand zu minimieren, bewähren sich als Sonderkonstruktion an den Öffnungsstegen Gleitrollen aus dem tribo-optimierten Gleitlagerwerkstoff iglidur, der in den vielfältigsten Anwendungen seine Stärke ausspielt. Die Reibung des Schlauches in der Kette wird deutlich reduziert und damit Standsicherheit garantiert.
Neben der Energiezuführung kommen eine korrosionsfeste Führungsrinne sowie schwimmende Mitnehmer zum Einsatz. Sie dienen zum Ausgleich eventuell vorhandener seitlicher Versatztoleranzen. Die mit Schläuchen und Leitungen befüllte Energiekette wird auf der gesamten Länge bei Wind und Wetter immer sicher geführt. Ausfälle sind trotz der schwierigen Einsatz- und Umgebungsbedingungen auch nach 10 Jahren nicht zu verzeichnen. Aus Gründen der Betriebssicherheit der Brückenkonstruktion hat sich der Anlagenbauer außerdem dazu entschlossen, in eine elektronische Überwachungseinheit zu investieren. Das Diagnosetool iSense EC.P (Zug- Schubkrafterkennung) der smart plastics Produktfamilie, das sich sehr gut auf langen Verfahrwegen bewährt, misst online alle vier Sekunden die Zug-/Schubkräfte der Energiekette und gleicht diese mit einer berechneten Sollvorgabe ab. Bei Vorliegen von Fehlfunktionen kann mit Hilfe des Diagnosetools die Anlage automatisch gestoppt werden, um vorbeugend Schäden zu vermeiden.
Überzeugende Projektkompetenz
Die Entscheidung für die vergleichsweise leichte Kunststoffenergiezuführung war schnell gefallen. Beide Unternehmen haben beim Engineering-Prozess vom ersten Tag an vertrauensvoll zusammengearbeitet. Das betrifft zum einen den komplexen Auslegungsprozess der Brückenkonstruktion. Je nach Projektstand sind eine Vielzahl von Konstruktionszeichnungen unkompliziert zur Verfügung gestellt worden. Es haben zum anderen auch die umfangreichen Labortests überzeugt, die im Vorfeld stattgefunden haben. „Die nachhaltige Unterstützung bei diesem Großprojekt hat zum Erfolg geführt“, so Joury van Gijseghem. „Gemeinsam haben wir vom ersten bis zum letzten Tag dieses Projekt gestemmt.“
Auch auf die Kompetenz bei der Montage hat der Anlagenbauer zurückgegriffen. Der Spezialist für Energiezuführungen hat das Gesamtsystem aufgebaut, das termingerecht komplett von eigenen Mitarbeitern auf der Baustelle installiert worden ist. Die Anlage läuft vom ersten Tag an problemlos. „Die Entscheidung für die Kunststoffenergiezuführung haben wir zu keinem Zeitpunkt bereut“, betont abschließend Joury van Gijseghem. „Darüber hinaus hat es sich für uns gelohnt, den Systemlieferanten von Anfang an in das Projekt einzubinden. So konnten Fehler von Anfang an minimiert werden.“
Vorteile des Energiekettensystems im Überblick:
- Geringeres Kettengewicht aufgrund von Kunststoffausführung gegenüber Stahlkette, verringert Zug-Schubkräfte und Antriebsleistung deutlich, ebenso reduziert sich die statische Belastung
- Eigene neue Kettengröße inkl. Rollen und Sonderöffnungsstege für die spezielle Anwendung entwickelt, engineered, getestet, montiert und von igus gewartet, trotz Sonderlösung über 10 Jahre ohne Ausfälle im Einsatz
- Vorausschauende Wartung für mehr Sicherheit und Transparenz (Ferndiagnose) mit Hilfe der igus smart plastics (Industrie 4.0)
- Alles aus einer Hand mit igus Garantie
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