Gleitlager ohne Schmierung? So funktioniert der Trockenlauf

Lars Butenschön | 20. Januar 2021

„Selbstschmierend“, „Schmierfrei“ oder gar „Schmiermittelfrei“. Diese Beschreibungen liest man häufig in der Lagertechnik. Die Gemeinsamkeit: Gemeint sind Lagerungen, denen keine zusätzliche Schmierung mehr beigefügt werden muss. Sprich: Es muss niemand das Gerät anhalten und mit der Fettspritze nachschmieren, es braucht keinen Ölwechsel oder bei größeren Gerätschaften vollautomatische Nachschmiersysteme. Aber was steckt dahinter und wie funktionieren Gleitlager ohne Schmierung?

Während die Prädikate „wartungsfrei“ und „selbstschmierend“ lediglich ausschließen, dass im Betrieb Schmierung nachgeführt werden muss, bedeutet „schmierfrei“ in der Regel sogenannten Trockenlauf. Das heißt, dass wirklich keine mehr oder weniger flüssigen Schmierstoffe verwendet werden. Der Vorteil: Die Lagerstelle bleibt sauber und bindet keinen Schmutz in der Lagerstelle. Aber wie funktioniert dieser Trockenlauf? Wie kommen Gleitlager ohne Schmierung aus?

Der Teufel im Detail: Was heißt eigentlich „Schmierfrei“.

Schmierung bringt man zwar erstmal mit schmierigem Fett oder Öl in Verbindung, ihr Vorhandensein bedeutet aber nicht zwangsläufig schmutzige Finger beim Hantieren mit Gleitlagern. Schmierung bedeutet aber eigentlich erstmal nur die Verringerung von Reibung und Verschleiß zwischen (Maschinen-)elementen oder Reibpartnern, die sich relativ zueinander bewegen. Das kann ein klassisches Schmierfett sein oder aber auch ein sogenannter Festschmierstoff.

Festschmierstoffe bestehen aus feinen Partikeln oder mikroskopisch kleine Plättchen, die die Reibung zwischen Reibpartnern verringern. Üblich sind zum Beispiel Graphit, Molybdänsulphit, Keramikpartikel oder PTFE (Teflon). Diese sind häufig auch Bestandteil von „flüssigen“ Schmierstoffen. Man kann diese aber auch in fester Form in Gleitlager verarbeiten.

Die Festschmierung: Inkorporiert oder schichtweise?

Im Gleitlagerbereich gibt es zwei verschiedene Arten von Festschmierstoff-geschmierten Lagern. Etabliert haben sich hier einerseits Gleitlager mit einer besonders gut gleitenden Gleitschicht, sogenannten Verbundgleitlagern. Diese bestehen aus einer Trägerschicht, die aus Metall oder Gewebefasern besteht und einer inneren Gleitschicht. Während die Trägerschicht den Großteil der mechanischen Kräfte aufnimmt, sorgt die innere und deutlich weichere Gleitschicht aus PTFE oder anderen Kunststoffen für geringe Reibung.

Festschmierstoffe unterm Mikroskop
Festschmierstoffe unter dem Mikroskop, 200-fach vergrößert (igus GmbH)

Eine Alternative bieten Gleitlager, die vollständig aus einem Werkstoff bestehen, dem diese Schmierpartikel beigemischt wurden. Diese Gleitlager bestehen häufig aus Kunststoffcompounds. Die Vorteile: Die Eigenschaften der vielen verschiedenen Kunststoffpolymere können mit denen von Festschmierstoffen kombiniert werden. Gleichzeitig ist die Reibung nicht nur an der Bauteiloberfläche niedrig, sondern über die gesamte Wandstärke hinweg. Die häufig sehr dünn aufgetragenen Gleitschichten von Verbundlagern haben zudem den Nachteil, dass sie recht empfindlich gegen mechanische Beanspruchung sind. Dieser Effekt lässt sich zum Beispiel an antihaftbeschichteten Pfannen beobachten, die bei der Verwendung von metallenen Küchenutensilien schnell verkratzen.

Gleitlager ohne Schmierung: Zusammenfassung

Schmierung ist nicht gleich Schmierung. Nicht jede Schmierung bedeutet gleich schmutzige Finger oder Öl im Grundwasser. Festschmierstoffe lassen sich in Gleitlagern so integrieren dass sie nurnoch in kaum nennenswerten Umfang in die Umwelt gelangen. Die Festschmierung besteht bei Metall- und Gewebebuchsen aus einer dünnen Schicht aus PTFE oder anderen gut gleitenden Kunststoffen. Der Nachteil besteht in der gegen mechanischen Beanspruchungen empfindlichen Schicht. In Kunststoffgleitlager können die Festschmierstoffe direkt in den Werkstoff integriert bzw. beigemischt werden. Auf diese Weise entsteht ein homogener Aufbau. Die ganze Wandstärke fungiert als Verschleiß- bzw. Gleitmaterial.

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