Gleitlager messen – So messen Sie richtig

Lars Butenschön | 30. Juli 2020

Gleitlager messen? Ist doch klar. Natürlich mit dem Messschieber (Oder wenn Sie wie der Autor dieses Textes auch immer einen vom Ausbilder dafür drüber bekommen haben – ja, gemeint ist natürlich die Schieblehre). Das mag mit Gleitlagern aus Stahl, etwas Spucke und gutem Augenmaß auch ganz gut funktionieren, doch spätestens beim Kunststoff-Gleitlager schlägt das Herz eines Qualitätsmanagers bei diesem Gedanken gleich höher. Messen was man will, wann man will! Klasse!

Tatsächlich birgt diese Messmethode bei Kunststoff-Gleitlagern einige Tücken. Manche davon sind offensichtlich, manche weniger. Was gilt es also zu beachten? Und welche Messmethoden eignen sich besser zur Messung von Gleitlagern aus Kunststoff? Schauen wir uns das mal genauer an.

Problem 1: Kunststoff ist „weich“

Wenn Sie einen Messschieber oder eine Bügelmessschraube an ein Gleitlager aus Kunststoff ansetzen, merken Sie dass Sie relativ lange draufdrücken können, bis sich der Wert auf dem Display (oder bei älteren Modellen die Position der Linien zueinander) nicht mehr ändert. Wenig überraschend liegt das daran, dass sich der Stahl des Messinstruments in den Kunststoff drückt.

Problem 2: Gleitlager aus Kunststoff werden eingepresst

Das Einpressen an sich ist natürlich nicht das Problem. Aber die Art und Weise, wie das funktioniert. Damit das mit dem Einpressen klappt weisen Kunststoff-Gleitlager häufig ein Einpress-Übermaß auf. Das bedeutet, dass der tatsächliche Außendurchmesser deutlich vom Nennmaß abweichen kann. Nicht selten sind die Außendurchmesser nichtmal toleriert. Das liegt wiederum daran, dass das notwendige Einpress-Übermaß von Kunststoff zu Kunststoff abweichen kann.

Der Grund: Unterschiedliche Kunststoffe dehnen sich unter Einfluss von Temperaturschwankungen und Feuchtigkeit der Luft unterschiedlich stark aus. Entsprechend basiert das nötige Aufmaß für den Presssitz oft auf Erfahrungswerten des Herstellers.

Und aus dem Einpressen ergibt sich eine weitere Schwierigkeit. Das Maß des Innendurchmessers verändert sich mit dem Einpressen. Der Presssitz basiert auf der Idee, dass das Lager in die Bohrung hinein gepresst wird. Es verengt sich, und steckt somit fest. Entsprechend verändert sich auch der Innendurchmesser.

Fazit: Viele „gängige“ Messmethoden werden dem Einsatzprofil von Gleitlagern nicht gerecht

In der Praxis sieht das dann so aus: Die frisch bestellten Gleitlager werden so aus der Tüte genommen und mit dem Messschieber oder gleich auf einer 3D-Messmaschine vermessen, Die Maße stimmen nicht mit dem überein, was die Zeichnungen vorgeben, also ab in die Retoure. Später dann der AHA-Moment. Eingepresst liegen die Gleitlager perfekt in der Toleranz.

Tipp 1: Nur nach dem Einpressen Gleitlager messen

Einpressen eines Gleitlagers

Verwenden Sie eine Einpresshülse – oder ein Exemplar des Bauteils, in das das Lager später montiert werden soll – das den auf den Zeichnung oder in der Produktdokumentation beschriebenen Anforderungen entspricht. Wichtig sind die richtige Toleranz der Aufnahmebohrung und das nichtvorhandensein von Grat oder sonstiger Fremdpartikel. Diese können Einfluss auf die Maße des eingepressten Gleitlagers nehmen.

Tipp 2: Verwenden Sie Prüfstifte

Zur Kontrolle von Bohrungs-Passungen bietet sich die Verwendung spezieller Prüfstifte an. Durch deren feine Tolerierung lässt sich die Passung des Gleitlagers am sinnvollsten messen.

Zusätzlich können die Lager im eingepressten Zustand in mehreren Ebenen am Innendurchmesser gemessen werden, um die Gleichmäßigkeit der Wanddicke zu prüfen. Hierzu bietet sich die Messung mittels Diataster an.

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