Wellenkorrosion schuld am Lagerverschleiß – aber erst auf den zweiten Blick

Uwe Sund | 2. April 2020

Fallstudie

Es bestehen wohl wenig Zweifel, dass eine durch Korrosion beschädigte Welle einen negativen Einfluss auf eine (Gleit-) Lagerstelle hat.

Besonders wenn die Korrosion gut sichtbar ist – und ggf. die Oberfläche schon richtig angefressen ist, ist dies evident.

Aber: Das Bild kann täuschen.
Und dann wird am falschen Ende nach Ursachen für Verschleißprobleme gesucht. Mit wenig Aussicht auf Erfolg.

In diesem Beispiel wird zu viel im Abrieb im Lager reklamiert. Das Kunststofflager ist in einer Schwerlastanwendung (>30 MPa) langsam schwenkend eingesetzt. Das Ganze im Außenbereich, also Feuchtigkeit und Schmutz ausgesetzt… landwirtschaftliche Rahmenbedingungen eben.

Die Frage, ob die Welle korrosionsgeschützt sei, wird mit „Nein“ beantwortet. Und direkt um die Aussage ergänzt, dass keine Korrosion, oder Korrosionsschäden zu erkennen seien.

Beim Besuch vor Ort zeigt sich tatsächlich dieses Bild:

Welle aus 42CrMo4 ohne weiteren Korrosionsschutz – aber auch ohne erkennbare Korrosion.

Auf den ersten Blick scheint die Welle nicht ursächlich für den massiven Abrieb im Lager zu sein.

In dieser Anwendung ist das Lager sogar um eine Lippendichtung ergänzt damit zumindest ein Teil des Schmutzes aus dem Lagerpunkt herausgehalten wird.


Kunststoffgleitlager – in diesem Fall mit einer Lippendichtung montiert – nach einigen Monaten im harten Außeneinsatz, ungeschmiert.

Wenn also von außen nichts hereinkommt und die Welle nicht korrodiert ist – dann müsste der Abrieb vom Lager stammen?

Läge auf der Hand, allerdings sollte dann die Farbe des Abriebes zumindest farblich an das Material des Lagers erinnern.

Macht er aber nicht, der Abrieb ist rostbraun.

Möglichst viel des Materials aus dem Lager herausgekratzt, gesammelt und verbrannt.

Nach 4 Stunden und 650° sind alle organischen Bestandteile (inklusive Kunststoff) verbrannt, das Gewicht der Probe entspricht immer noch 75% des Gewichtes der Ausgangsprobe und ist stark magnetisch.

Also: kein (kaum) Abrieb aus dem Lager, Welle offenbar nicht korrodiert? Woher also stammt der Abrieb?

Mangels der Möglichkeit eines kurzfristigen Salzsprühtests wird die Welle in einen mit Salzwasser befeuchteten Lappen gewickelt und für einige Tage zur Seite gelegt. Und ist danach komplett verrostet!

Ergebnis des improvisierten Salzsprühtests

Ich denke Folgendes ist passiert:

Auf der Wellenoberfläche bildet sich eine dünne Korrosionsschicht. Diese wird beim nächsten Einsatz der Maschine „runterpoliert“, das Material verbleibt allerdings in der Lagerstelle. Und dieser Prozess wiederholt sich immer wieder. Mehr und mehr rostiges Pulver sammelt sich an. Natürlich auch mit einem negativen Einfluss auf den Verschleiß des Lagers.

Ich bin mir sicher, würde die Welle nach dem „Salzsprühtest“ wieder montiert werden und mit >30MPa schwenken, sie sähe wieder nach kurzer Zeit aus wie zuvor, keine Spur von Korrosion. Nur wieder etwas mehr Abrieb im Lager … Korrosion auf den zweiten Blick!

Hier reicht der „erste Blick“ um zu erkennen, dass Korrosion am Werke war …

Durch Korrosion beschädigte Welle – ohne sichtbaren Rost

Obwohl kein Rost zu sehen ist …

Richtiger Korrosionsschutz bei Trockenlauf?

Informationen in diesem Zusammenhang im Whitepaper

Du hast bereits abgestimmt!
Gerne können Sie den Artikel auch kommentieren - wie freuen uns auf Ihre Meinung!

Artikel Schlagwörter:

Newsletter:

Bitte wähle ein Thema