Wie sind Gleitlager aufgebaut?
Lars Butenschön | 4. März 2022
Einer der Hauptmerkmale von Gleitlagern – im Vergleich mit Kugel- oder Wälzlagern – ist deren deutlich weniger komplexer Aufbau. Aber ist das wirklich so? Tatsächlich unterscheiden sich verschiedene Arten von Gleitlagern deutlich in ihrem Aufbau und wir sie funktionieren. In diesem Blogbeitrag erfahren Sie alles über den Aufbau der gängigsten Gleitlager.
Grundsätzliches zum Aufbau: Wie Gleitlager gleiten
Gleitlager funktionieren alle auf Basis des gleichen Prinzips. Die Oberfläche beweglicher Bauteile reibt bzw. gleitet über die Oberfläche des Gleitlagers. Damit die Reibung möglichst gering ausfällt, können unterschiedliche Maßnahmen getroffen werden. Diese reichen von möglichst weichen und gut gleitenden Kunststoffbeschichtungen bis zur bloßen Beigabe von Schmierfett. Da jede dieser Technologien wiederum unterschiedliche Anforderungen an den Aufbau des Gleitlagers stellt, gibt es entsprechend viele verschiedene Gleitlagertypen.
Massiv-Gleitlager mit Schmiernuten

Wie der Name schon sagt, sind Massiv-Gleitlager massiv aufgebaut. Das heißt sie bestehen aus einem massiven Material. Häufig bestehen diese Gleitlager aus Stahl, Bronze oder anderen Metallen. Die Gleiteigenschaften erhalten diese Lager durch Schmierkanäle oder Schmiernuten, die in die Oberfläche der Lager eingebracht werden. Durch diese Kanäle verteilt sich das Schmierfett besser in der gesamten Lagerstelle. Das bedeutet allerdings auch, dass die Lagerstelle permanent geschmiert sein muss. Massiv-Gleitlager können dafür große Belastungen aufnehmen und kommen daher häufig in größeren Lagerstellen zum Einsatz. Aufgrund der aufwändigen Bearbeitung und des massiven Materials sind sie allerdings auch relativ teuer.
Aufbau von Sinterlagern

Sinterlager sind nach ihrer Herstellungsweise benannt. Sie bestehen in der Regel aus Bronzepulver, das unter hohem Druck und hohen Temperaturen zusammengepresst wird. Dieser Prozess wird Sintern genannt. Durch die Körnung des Pulvers weist das Lager nach der Herstellung Poren auf. Sie erfüllen einen ähnlichen Zweck wie die Schmierkanäle bei Massivlagern. Die Sinterlager werden in Öl getränkt, das sich dann in den Poren absetzt. Im Einsatz wird das Öl im Sinterlager durch die Reibungswärme erwärmt und verliert an Viskosität. Dadurch wird es fließfähiger und wird aus den Poren freigesetzt. Die Lagerstelle wird geschmiert. Sinterlager sind relativ kostengünstig und können auch in dickeren Wandstärken hergestellt werden. Sie eignen sich aufgrund ihrer Funktionsweise vor allem für Lagerstellen mit höheren Umdrehungsgeschwindigkeiten und eher weniger für langsame Schwenkbewegungen.
Aufbau von Metallverbundlagern
Metallverbundlager bestehen aus mehreren miteinander verbundenen Werkstoffen, die unterschiedliche Eigenschaften aufweisen. Metallverbundlager bestehen in der Regel aus einem in Form gerollten Metallblech. Das Blech ist mit einer gleitoptimierten Kunststoffschicht überzogen, die dann an der Innenseite für die Gleiteigenschaften der Buchse sorgen. Als Gleitwerkstoff kommen häufig PTFE oder POM zum Einsatz. PTFE weist derart gute Gleiteigenschaften auf, dass die Buchsen mit PTFE-Beschichtung keine zusätzliche Schmierung mit Fett oder Öl benötigen. Der Nachteil: PTFE ist so weich und gleitet so gut, dass es nur schwer zu fixieren und sehr anfällig gegen mechanische Beanspruchung ist. Um diesen Effekten entgegen zu wirken, wird das weiche Material auf die speziell vorbehandelten Bleche aufgewalzt, ehe diese in Buchsen-Form gerollt werden. Damit das PTFE nach dem Aufwalzen am Blech hält, wird häufig zuvor eine Schicht aus poröser Bronze aufgesintert.

Metallverbundlager sind relativ kostengünstig, eignen sich für verschiedene Anwendungen und müssen je nach Ausführung nicht zusätzlich geschmiert werden. Je nach Ausführung kann in feuchten Umgebungen Korrosion auftreten. Zusätzlich ist die extrem dünne Gleitschicht relativ empfindlich gegen mechanische Beanspruchung.
Aufbau von Kompositgleitlagern

Bei Kompositgleitlagern handelt es sich ebenfalls um einen Verbund verschiedener Werkstoffe. Allerdings versteht man hierunter in der Praxis Gleitlager, die aus Faserverbünden bestehen. Hierfür werden zum Beispiel aus mineralischen (Glas, Kohle), natürlichen (Baumwolle) oder Kunststofffasern verwebt und mit Kunstharzen und anderen Zusatzstoffen verwebt und teils unter hohen Temperaturen und Druck miteinander verpresst. Dadurch entstehen hochfeste Lager, deren Festigkeit je nach Belastungsart sogar an metallische Lager heranreichen kann. Durch unterschiedliche Wickel- und Webtechniken lassen sich auch verschiedene Schichten realisieren, die wiederum unterschiedliche Eigenschaften haben. Häufig dient ein robustes Gewebe als Außenhülle, während eine auf Gleiteigenschaften optimierte innere Schicht die Reibung im Lager verringert.
Kompositgleitlager können sehr hohe Lasten aufnehmen und kommen daher vor allem in Großgeräten wie Land-, Bau- und Bergbaumaschinen zum Einsatz. Je nach Ausführung müssen sie zusätzlich geschmiert werden. Viele varianten sind jedoch auch für den Trockenlauf geeignet. Im Vergleich zu Massivbuchsen aus Metall sind sie in größeren Abmessungen häufig kostengünstiger und zudem korrosions- und optional schmierfrei.
Aufbau von Gleitlagern aus Vollkunststoff

Gleitlager aus Vollkunststoff, manchmal auch Polymergleitlager genannt, werden – wie der Name schon sagt – aus Kunststoff gefertigt. Hierbei handelt es sich häufig um spritzgegossene oder aus Stangenmaterial gefertigte Bauteile. Auch 3D-Druck oder Lasersintern sind gängige Herstellverfahren. Viele Kunststoffe eignen sich für den Einsatz in Gleitlagern. Je nach Typ besitzen sie auch weitere Eigenschaften, wie hohe Chemikalienbeständigkeiten oder Widerstandsfähigkeit gegen hohe Temperaturen bis ca. 300°C. Da diese Kunststoffe vor ihrer Verarbeitung in Granulatform vorliegen, können diese relativ einfach mit weiteren Zugabestoffen wie Fasern oder Füllstoffen, sowie Additiven vermischt werden. Diese Materialmischung wird dann im Verarbeitungsprozess verschmolzen. So entstehen Bauteile, deren Eigenschaften über die der ursprünglich verwendeten Kunststoffe hinaus gehen. So können besonders stabile oder besonders gleitfähige Gleitlager hergestellt werden.
Der Vorteil dieser Gleitlager liegt in ihrem homogenen Aufbau. Das robustere Trägermaterial und das Gleitmaterial liegen nicht in Form separater Schichten vor, sondern sind im ganzen Bauteil verteilt. Zusätzlich eignet sich der günstige Herstellungsprozess für besonders große Stückzahlen. Die meisten Kunststoffgleitlager benötigen zudem keine zusätzliche Schmierung.
Aber welches Gleitlager ist das beste für Ihr Projekt? Wir beraten Sie!
Welches Gleitlager sich am besten für Ihre Anwendung eignet, hängt von vielen Faktoren ab. Wir analysieren Ihre Lagerstelle für Sie und ermitteln mit Ihnen gemeinsam die günstigste und zuverlässigste Lösung. igus bietet alles aus einer Hand. Kompetente Beratung, modernste Fertigunsgtechnologien und die größte Katalogauswahl von Kunststoff-, und Kompositgleitlagern.