Korrosion in der Lagerbohrung als Ursache für hohen Verschleiß?

Lars Butenschön | 9. Oktober 2018

Tatsächlich bleibt Korrosion in der Aufnahmebohrung von Gleitlagern oft unentdeckt. Das Gleitlager aus Kunststoff hat verfrüht und unerwartet das Zeitliche gesegnet oder grauer Staub rieselt aus der Lagerstelle. Da liegt der Schluss nahe: Das Lager war´s. Falsches Material. Zurück zum Hersteller. Doch was, wenn die Fehlerquelle ganz wo anders liegt?

Der kleine Stolperstein: Schmierung dient auch zum Schutz vor Korrosion

Gleitlager-Begeisterte und igus-blog-Leser wissen längst: Die meisten Kunststoffgleitlager werden in eine Bohrung eingepresst, so dass die Welle im Gleitlager gleitet und das Lager fixiert ist. Häufig werden Gleitlager aus Kunststoff als „Korrosionsfrei“ beworben – was auch Sinn ergibt, wo doch jeder weiß, dass Kunststoffe eher schlecht rosten. Zusätzlich benötigt man in der Regel auch keinerlei zusätzliche Schmierung. Was auf Anhieb verlockend klingt, kann zu einem Stolperstein werden. Schmierung dient in vielen Außenanwendungen auch zum Schutz vor Feuchtigkeit. Da fällt es nicht negativ auf, wenn die Welle oder das Auge eines Hydraulikzylinders nicht zusätzlich mit Korrosionsschutz beschichtet wurde – die Schmierung hält schließlich die Feuchtigkeit aus der Lagerstelle heraus.

Nicht gleich das Gleitlager in den Sand stecken

In der Praxis wird dieser Umstand häufig vergessen. Der Schmiernippel wird eingespart, das alte Metall-Lager fliegt raus und die neue günstigere Kunststoff-Buchse wird eingebaut. Die Maschine läuft anstandslos, der Nutzer freut sich über den eingesparten Wartungsaufwand…..und nach einigen Wochen oder Monaten im Außeneinsatz oder unter häufiger nasser Reinigung folgt das böse Erwachen. Graues oder rötliches Pulver rieselt aus der Lagerstelle… oder das Gleitlager hat sich gleich gänzlich aufgelöst. Der nahe liegende Schluss: Muss an den Kunststoffgleitlagern liegen…oder praxisnäher: „Also doch! Diese Plastiklager können halt nix! Hab ich doch gleich gesagt!“. Natürlich wird in diesen Fällen auch der von seinen Produkten überzeugteste Verkäufer von Kunststoffgleitlagern selbige nicht kategorisch als Fehlerquelle ausschließen – dennoch lohnt sich bei diesem Schadensbild ein Blick auf die übrigen Bauteile.

Die Aufnahmebohrung leidet / korrodiert im Verborgenen

Einen ersten Aufschluss kann neben einer optischen Inspektion der Lagerstelle auch die Untersuchung des Abriebs ergeben. Dazu genügt ein einfacher Magnet. Haftet der Abrieb am Magneten, ist er aller Wahrscheinlichkeit nach metallischen Ursprungs und stammt noch wahrscheinlicher nicht vom Kunststoffgleitlager, sondern von der Welle oder der Aufnahmebohrung. Spätestens jetzt sollte man sich beides genauer anschauen.

Korrodierte Aufnahmebohrung. Nicht immer ist Korrosion so gut zu erkennen.
Korrodierte Aufnahmebohrung. Nicht immer ist Korrosion so gut zu erkennen.

Grundsätzlich sind zwei Hauptursachen für Abrieb an der Welle oder der Aufnahmebohrung zu unterscheiden. Korrosion und zu weiche Wellenwerkstoffe bei faserverstärkten Gleitlagern. Die erste ist jene, um die es in diesem Post geht (die zweite werde ich in einem weiteren Post behandeln) – Korrosion. Auf den ersten Blick ist diese häufig nicht zu erkennen. Sie verbirgt sich hinter der eingepressten Buchse oder unter der Lackierung der außen liegenden Flächen. Und das ist das Tückische. Durch die Korrosion „quillt“ das Material förmlich auf. Die Bohrung, in der das Lager eingepresst wurde verkleinert sich und drückt das Lager auf die Welle. Dies führt zu erhöhtem Verschleiß oder zur Zerstörung des Gleitlagers. Zusätzlich bröselt das korrodierte Metall allmählich aus der Lagerstelle. Häufig dreht sich ab einem gewissen Zeitpunkt auch das Lager in der Aufnahmebohrung mit, was zusätzlich zu Abrieb an der Aufnahmebohrung führt.

Die Lösung kann oft einfach und günstig sein

Was also tun? Doch wieder Schmiernippel anbauen? Alles aus teurem Edelstahl fertigen? Häufig muss es nicht gleich die Rolle Rückwärts sein. Tatsächlich hilf in vielen Fällen ein einfaches Korrosionsschutz-Wachs, das einmalig bei der Montage aufgetragen wird. Wellen hingegen können durch verhältnismäßig kostengünstige Maßnahmen wie Gasnitrieren oder Nitrocarburieren oberflächlich vor Korrosion geschützt werden. Dies genügt, da der Verschleiß bei einem korrekt arbeitenden Lagersystem auf das Gleitlager beschränkt wird. Und wenn es dann im unwahrscheinlichen Fall der Fälle immer noch nicht läuft heißt´s dann eben trotzdem „Zurück zum Hersteller.“

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1 Kommentare
Tim Klein

Danke erst einmal für den ausführlichen Beitrag!
Habe wieder einiges gelernt. Korrosion kann ein großes Problem sein, wenn man sich nicht ausreichend darum kümmert. Freut mich aber, dass gleich am Anfang auf Dinge, wie die Schmierung eingegangen wird, welche eben als Schutz vor Korrosion dient. Wir lassen einige unserer Teile auch Wasserstrahlschneiden ( https://www.flowcut.de ) . Da ist Korrosion natürlich eine Herausforderung, aber wir hatten damit noch nie Probleme gehabt.

Ich kann mir vorstellen, dass man dort wirklich darauf achten muss, dass verschiedene Maschinenteile durch Korrosion und verschleiß nicht in Mitleidenschaft gezogen werden. Es handelt sich ja auch um sehr hochwertige Maschinen. Da spielt eben auch die regelmäßige Wartung eine Rolle. SO gibt man den Teilen erst gar nicht die Möglichkeit, zu korrodieren.

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